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Schulden und Krankheit
Fachtag der Schuldnerberatung ein großer Erfolg
„Willkommen bei uns“, war in diesem Jahr das Motto der Woche der Diakonie in Niedersachsen. Der Diakonieverband Hannover-Land hat dies zum Anlass genommen, in Kooperation mit der Ärztekammer Niedersachsen und dem Diakonischen Werk in Niedersachsen einen Fachtag zum Thema „Schulden und Krankheit“ durchzuführen.
An der Veranstaltung, die am 8. September im KRH Psychiatrie in Wunstorf stattfand, nahmen etwa hundert Sozialpädagogen und Sozialarbeiter, Mediziner und Psychologen sowie Mitarbeitende der Arbeitsämter und Jobcenter teil. „Durch eine wertschätzende Beratung wollen wir überschuldeten Person das Gefühl geben, bei uns in der Diakonie willkommen zu sein“, so Geschäftsführer Jörg Engmann vom Diakonieverband Hannover-Land in seinem Grußwort. „Es wäre schön, zukünftig zusammen mit dem Gesundheitswesen präventive Maßnahmen in die Wege zu leiten. Die Zeit ist reif dafür.“ Frau Dr. Cornelia Goesmann, die Vorsitzende der Ärztekammer Niedersachen, stimmte dem zu. Das Thema Überschuldung spiele in der ärztlichen Aus- und Fortbildung bislang kaum eine Rolle, im Alltag des niedergelassenen Arztes sei es hingegen stets präsent.
Prof. Dr. Stephan Letzel, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Leiter der Studie "Armut, Schulden und Gesundheit" (2006/2007), stellte in seinem Referat zusammenfassend fest, dass der Gesundheitszustand überschuldeter Menschen „absolut mangelhaft" sei. Sie seien häufiger krank, nähmen aber gleichzeitig das Gesundheitssystem weniger in Anspruch. Acht von zehn Betroffenen geben an, zumindest an einer Krankheit zu leiden, wobei vor allem psychische sowie Erkrankungen der Gelenke und der Wirbelsäule genannt werden. Dabei stelle sich die Frage nach der Henne und dem Ei: Krankheit ist eine der Hauptursachen von Verschuldung, Schulden wiederum wirken sich negativ auf den Gesundheitszustand aus.
Prof. Dr. Astrid Müller, die zweite Referentin des Fachtages, ist Leitende Psychologin an der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover und forscht seit Jahren zur „Kaufsucht“. Dieses Krankheitsbild äußert sich in „bedarfsunabhängigen Kaufattacken“. Die Betroffenen kaufen zwanghaft ein, um sich glücklich, befreit oder berauscht zu fühlen. Gegenstände zu erwerben, ist nicht das Ziel. Sie werden nach dem Kauf gehortet, weggeben oder einfach vergessen. Kaufsucht geht nicht nur mit psychischen und familiären Problemen einher, sondern sie führt in aller Regel auch in die Überschuldung.
Schuldnerberatung hat deshalb nicht nur mit ökonomischen und juristischen Problemen zu tun, sondern in der Mehrzahl der Fälle auch mit gesundheitlichen und sozialen Fragen. Umso mehr gewinnt die fachübergreifende Vernetzung von Hilfsangeboten an Bedeutung. Im Rahmen des abschließenden „World-Cafés“ diskutierten die versammelten Praktiker aus der Schuldnerberatung, der Medizin und den Jobcentern Möglichkeiten und Grenzen der Kooperation.
Die erstmalige Zusammenarbeit zwischen dem Diakonieverband Hannover-Land und der Ärztekammer Hannover wurde von allen Seiten gelobt und der Wunsch geäußert, solche Veranstaltungen künftig öfter anzubieten. „Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung, vor allem unter sozialmedizinischen Gesichtspunkten, liegt der Diakonie wie der Ärztekammer Niedersachsen gleichermaßen am Herzen", stellt Dr. Cornelia Goesmann nach der Veranstaltung fest. "Eine Zusammenarbeit in vielen Punkten (z.B. bei der Versorgung Wohnungsloser, Psychisch Kranker oder anderer sozial benachteiligten Mitbürger) bietet sich daher an und wird schon vielfach erfolgreich umgesetzt! Die Ärztekammer Niedersachsen, Bezirksstelle Hannover wünscht sich weiterhin eine gute Kooperation mit der Diakonie“.